Mittwoch, 21. Juli 2010

Spielplatz vs. Chinesischunterricht

In was für einer Welt leben wir eigentlich? Das frage ich mich immer öfter, weil mir die kuriosesten Dinge passieren oder mir über den Weg laufen. Was sind das für Menschen, mit denen ich diesen rather small planet hier teile? Die sich anmaßen Dinge über Menschen zu sagen, die sie garnicht kennen?
Genug dem Vorgeplenkel - gestern Abend, nach der 20.15 Romanze und den ganzen Polizei- und Agentenserien, als ich mich vor dieses eckige schwarze Ding namens Fernseher wagte, blickte mir doch prompt diese Mitdreißigerin ins Gesicht und behauptete, ich, die ich ja nicht wie ihre Tochter 4-sprachig aufgewachsen bin, weder Kunstfrüherziehung noch ein chinesisches Kindermädchen genossen habe, könne kein Weltoffener Mensch sein. Naja, indirekt wollte sie darauf hinaus.
Frau M. erzieht ihre 3-jährige Tochter zusammen mit ihrem algerischen Mann in 4 Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch und Chinesisch - darum auch das chinesische Kindermädchen, dass sich die Familie nach einem Jahr Leben in Hongkong anschuf), alle 4 Sprachen beherrscht das kleine süße Mädchen mit den schwarzen Haaren perfekt - so perfekt wie es eben für eine 3-jährige nur geht. Noch dazu besucht sie einmal pro Woche die Kunstschule, ihre Mutter geht mindestens einmal pro Monat mit ihr ins Ballett oder in die Oper. Als sie gefragt wird, was ihre Lieblingsbeschäftigung sei antwortet sie nur "Spielplatz". Pure Ironie, nicht?
Frau M. im Interview: "Ich versuche meiner Tochter so viele Türen wie mögliche offen zu halten, ihr so viel wie möglich zu ermöglichen. nur so kann sie zu einem weltoffenen, globalisierten Bürger heranwachsen."
So, und jetzt komme ich, Tochter einer Durchschnitts Arbeiter-/Angestelltenfamilie. Ich bin weder in den Genuss von frühkindlicher Bilingualität noch von internationalen Förderschulen, Kunstunterricht oder frühkindlicher Förderung sondergleichen gekommen. Alles was ich hatte war eine Familie, Freunde, Straßen zum Spielen, Laternenpfähle, die nur darauf warteten erklommen zu werden und vor allem Spaß. Da wurde man dreckig, war laut und hat sich noch aus tiefstem Herzen ehrlich gefreut. Und nur weil ich eine durchschnitts Otto-Normal-Kindheit in einem kleinen Dörfchen hatte, soll ich kein weltoffener Mensch sein?
Tut mir Leid, aber manche Menschen würde ich echt gerne von dem Planeten hier kicken.

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